Beim Laufen heute Morgen nutzte ich die Zeit, um mich verschiedenen Fragen zu stellen:
Was kann ich tun, um den Tag heute zufriedenstellend zu nutzen, anstatt seine Möglichkeiten wie so oft zu versäumen? Wie kann ich wenigstens eine der Schwierigkeiten, die mir das Leben schwer machen, am Kragen packen und aus der Welt schaffen oder dies zumindest in die Wege leiten? Ich will und muss tun, was ich tun kann, aber was ist es, das ich tun kann und muss? Dass ich es geschafft habe, mich zum Laufen durchzuringen, nach dreiwöchiger Pause, war zwar ein guter Start in den Tag, aber was braucht es, damit es danach positiv weiter gehen kann?
Ich kam lange zu keinem Ergebnis. Zwar durchdachte ich verschiedene mir bekannte problematische Situationen und prüfte sie auf Optionen und deren Pros und Kontras, aber ich konnte in keinem Fall einen sinnvollen Ansatz entdecken, den es zu verfolgen lohnte. Frustriert über die mangelhaften Erfolgsaussichten für den Tag kam mir dann wieder mal ein Bibelvers in den Sinn, der mir vor über einem Jahrzehnt in einer ganz besonders erdrückenden Zeit bei einer Freizeit zugelost und mit auf den Weg gegeben wurde:
HERR, gib mir ein sichtbares Zeichen deiner Güte! (Psalm 86,17; Hoffnung für alle)
Nicht zu zählen, wie oft dieser Vers zu meinem Gebet wurde, seit dieser Zeit. Erdrückende Phasen, in denen mir nichts blieb, als Gott um dieses sichtbare Zeichen anzuflehen, gab es seither genug. Und so oft, wie man hören kann, wie andere den Segen Gottes zu spüren bekommen, sich hier und dort von Gott reich beschenkt sehen, da muss doch auch für mich wenigstens ein kleines Zeichen drin sein. Ein stilles Gebet, während ich berufstechnisch keinen Fuß auf den Boden kriege, mich psychisch und physisch dieser Welt nicht gewachsen sehe, und dabei zusehen muss, wie meine Freunde um mich herum ihre Wege gehen. Ein stilles Flehen, während ich in Sachen Partnerwunsch hilflos von einem unheilvollen Dilemma ins nächste stürze – wehrlos, obwohl vom ersten Moment an der Situation bewusst – und mir Stück für Stück darin untergehend nichts bleibt, als dabei zuzusehen, wie um mich herum munter geheiratet wird, Familien gegründet und Häuser gebaut werden. Scheinbar Gottes Segen überall, nur nicht bei mir.
HERR, gib AUCH MIR ein sichtbares Zeichen deiner Güte!
Und nun kam mir heute, gegen Ende meiner Runde, wieder dieser Vers in den Sinn. Und plötzlich … nein, auch heute ist nichts Außergewöhnliches passiert. So wenig wie vor über zehn Jahren, so wenig wie seither in all den Momenten, in denen ich um dieses Zeichen bat. Abgesehen von einer Sache. Abgesehen davon, dass mir heute erneut klar wurde, was ich in eben diesen Jahren lernen durfte: Des größten Zeichens göttlicher Güte bin ich mir längst bewusst! Ich kann und darf mich glücklich schätzen, die Verheißung Gottes für mich und jeden einzelnen Menschen zu kennen:
„Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe.“ (Jesaja 65,17-18)
Ich halte mich fest, ich klammere mich dran, am Evangelium vom Reich Gottes. Ich will nicht aufhören, der Verheißung zu glauben, dass meine Heimat woanders ist. Ich will mit Paulus darauf vertrauen, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber dem, was im Himmel auf uns wartet. Ich will mir vor Augen halten, dass wir hier keine bleibende Stadt haben, will die zukünftige suchen und mich freuen, dass mein Name im Himmel geschrieben steht.
Das ist kein sichtbares Zeichen göttlicher Güte. Und wenn ich mir noch oft solch ein sichtbares Zeichen wünschen werde und, wer weiß, vielleicht sogar ab und zu erleben sollte, ich will keines davon brauchen. Es ist sowieso so eine Sache mit diesen sichtbaren Zeichen.
Auch wenn ich es nicht weiß, nicht wissen kann, mit Paulus will ich es so sehen:
„Denn wir wissen: Wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“ (2. Korinther 5,1)
Das soll meine Perspektive sein, daran will ich mich klammern, immer wieder neu, denn darin steckt mehr Freiheit und Trost als in irgendetwas sonst, schon für den heutigen Tag, was immer er auch bringen mag. Und wenn ich jetzt in vielerlei Hinsicht nach wie vor keine Ahnung hab, was ich heute oder morgen zu tun habe, eines weiß ich, das ich tun muss: Nicht aufzuhören, von dieser Perspektive zu reden!